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Bagger, Krebs und Döbel


Wer diese Woche durch den Tiergarten spaziert ist, wird gleich gemerkt haben, dass wieder Mühlbachabkehr war. Wenn der Wasserspiegel im Mühlbach abgesenkt wird, fallen unsere Bäche und das Wasserrad trocken, das den Teich mit Wasser beliefert. Mit einer Wasserpumpe wurde der Wasserstand im Teich in etwa gehalten. Und unsere Döbel und Forellen sind vom Bachlauf so gut es geht in den Teich umgesetzt worden. Oder sie sind abgeschwommen. Ein paar von ihnen sind mit Signalkrebsen in den Kochtopf als Mittagssuppe für das Tiergartenpersonal gelangt.


Denn die Signalkrebse sitzen gerne in den Spalten der Mauern im Bach. Diese geschlichteten Mauern sind für viele Bachbewohner wichtige Lebensräume. Der ursprünglich aus Amerika stammende Signalkrebs allerdings hat leider unseren heimischen Edelkrebs unterdessen komplett verdrängt. Auch eine Studentin aus Salzburg konnte während ihrer Bachelorarbeit im Tiergarten keinen Edelkrebs in den ausgelegten Krebsreusen mehr finden.


Anders als in anderen Jahren bleiben dieses Jahr aber deutliche Spuren im Zuge der Mühlbachabkehr zu sehen: Große Schlammhaufen liegen noch für wenige Wochen bis zur Abfuhr neben den Bachläufen. Denn die Stadtgärtnerei hat dieses Jahr die Gelegenheit genutzt, die trocken gefallenen Bachläufe im Tiergarten auszubaggern. Das ist das letzte Mal vor etwa acht Jahren geschehen. An diesen Haufen ist eindrücklich zu sehen, wie viel Sediment sich in diesen wenigen Jahren angesammelt hat. Damit erhielt der Bagger der Stadtgärtnerei dem Bach das Beet. Eine Arbeit, die sich in nicht regulierten Wasserläufen natürlicherweise erledigt: Dort sucht sich das Fließgewässer mäandrierend immer wieder einen neuen Lauf durch sein eigenes Geschiebe und unterspült dabei auch neue Uferbereiche. Dabei entsteht eine Vielfalt von Verlandungs- und Pionierzonen, die von einer Vielfalt von Arten genutzt wird. Eisvögel, Bienenfresser und auch viele Insekten graben ihre Bruthöhlen in steil abgebrochene Uferwände. Wenn sich das Fließgewässer nicht neue Schotterbänke ausspülen kann, verhindert starker Sedimenteintrag und Schlammbildung auch den Schlupf der Jungdöbel.



Das Mosaik von Verlandungs- und Pionierzonen in Fließgewässern ist für Kinder ungemein attraktiv zum Verweilen und Erkunden. Mein herbstlicher Tipp ist deshalb ein Spaziergang entlang solcher Schotterbänke. An der nah gelegenen Alm gibt es viele solche Stellen, wo man zu dieser Jahreszeit auch keine Brutvögel stört. Oder wer sich traut, der kann jetzt im Herbst noch bei einer Führung mit Wilddings in unserem Tiergarten einen Signalkrebs aus einer Reuse klauben. Das gibt sicher ein tolles Foto für das Familienalbum!


Dr. Gyula K. Gajdon (zoologischer Leiter des Tiergarten Wels & Vorstandsmitglied der Freunde des Welser Tiergartens)

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